Glykobiologie des oralen Bakteriums Selenomonas sputigena - mögliche Einflüsse auf Periodontitis
Abstract
Periodontitis ist als Hauptursache für Zahnausfall von globalem Interesse. Periodontitis ist eine Entzündungser¬krankung des Periodontiums, die durch einen oralen, polymikrobiellen Biofilm ausgelöst wird. Derzeitige Ansätze zur Erforschung der nicht vollständig verstandenen Etiologie von Periodontitis richten sich verstärkt auf die Interaktion zwischen den vielen Bakterien in der oralen Biofilm-Gemeinschaft. Die strukturellen, funk-tionellen und molekularen Eigenschaften von Glykokonjugaten als die häufigsten Dekorationen von Zellen, berechtigen zur Annahme, dass diesen Molekülen eine entscheidende Rolle in der Kommunikation und Erkennung zwischen Bakterien zukommt. Basierend auf eigenen Daten zur Glykobiologie des paradontal-pathogenen Bakteriums Tannerella forsythia, und immunologischer Forschung von anderen, besagt unsere Hypothese, dass bestimmte Vertreter der oralen Biofilm-Bakterien ein vielseitiges, unerforschtes Glykom besitzen und, dass ihre Zelloberflächen-Glykobiologie wegweisend für die Interaktionen in der Biofilm-Gemeinschaft und für die Entwicklung und die Eigenschaften von Zahnplaque sind. Selenomonas sputigena (Selspu) ist ein orales, Gram-negatives, begeißeltes, bewegliches, anaerobes Bakter-ium, das, obwohl es mit Periodontitis in Zusammenhang gebracht wird, weitgehend unerforscht ist. Ausgehend von eigenen jüngsten Forschungsergebnissen, postulieren wir, dass Selspu verschiedene, auf Glykobiologie basierende, Strategien zur Kolonisierung des oralen Habitats und zum Überleben in diesem verfolgt. Unsere Daten indizieren: (i) Selspu besitzt ein ausgeprägtes Glykoproteom, basierend auf starker Reaktivität eines Zellextraktes nach Auftrennung mittels SDS-PAGE mit Kohlenhydrat-färbenden Agentien und mit Lektinen; (ii) Es gibt Hinweise, dass Selspu glykosylierte Flagellen besitzt; diese könnten ein entscheidender Koloni-sierungs- und Pathogenitätsfaktor sein; (iii) Die von uns nachgewiesene Co-Aggregation von Selspu mit T. for-sythia könnte eine Assoziation mit den pathogenitätsbildenden Effekten der Bakterien des „roten-Komplexes“ aufzeigen, und (iv) Das Genom von Selspu kodiert reichhaltige Glykobiologie-Information. Die Vorhersage von speziellen Zuckerresten, wie L-Fukose (ein immunogener Zucker), Pseudaminsäure (nachgewiesen auf Flagellen von Pathogenen und verschiedenen Proteinen von T. forsythia), beta-O-Acetylglukosamin (ein seltener Zucker in Bakterien) und 4-Amino-Arabinose (als Modifikation von Lipid A beteiligt an der Resistenz gegenüber antimikrobiellen Peptiden), macht Selspu zu einem idealen Bakterium, um unser glykobiologisches Verständnis von oralen Biofilm-Bakterien zu erweitern. Um einen Einblick in die Glykobiologie von Selspu, als Basis für die Abschätzung seiner Relevanz für die Entwicklung von Zahnplaque zu erhalten, sind unsere Ziele im Rahmen dieses Projekts: A) Identifizierung pro-minenter Selspu Glykoproteine und Ermittlung ihrer Glykosylierung; B) Analyse der Flagellen-Glykosylier-ung; C) Strukturuntersuchung des Lipopolysaccharids und D) Analyse der Biofilmmatrix mit Fokus auf das Exo-Polysaccharid. Die Work-Packages werden durch Transkriptionsanalyse der genomischen Selspu Glyko-sylierungs-Loci und die Untersuchung ausgewählter Kohlenhydrat-aktiver Enzyme begleitet. Dieses Projekt hat das Ziel, verschiedene Glykobiologie-Aspekte eines Zahn-Plaque Bakteriums zu ent-schlüsseln und trägt dazu bei, bakterielle Strategien in der Pathogenese von Periodontitis aufzuzeigen.
Schlagworte Glykobiologie Selenomonas sputigena Flagellum Glykanstruktur Biofilm
Publikationen
Mitarbeiter*innen
Christina Schäffer
Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr.nat.techn. Christina Schäffer
christina.schaeffer@boku.ac.at
Tel: +43 1 47654-80203
Projektleiter*in
01.07.2014 - 31.01.2019
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Externe Partner
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Dr. Ian Schoenhofen
Partner