Großflächige Dekontamination: Lernen aus den praktischen Erfahrungen von Tschernobyl
Abstract
Die Erfahrungen mit großflächiger Dekontamination sind spärlich, und von einigen Dekontaminationsfällen, bei denen Informationen gesammelt wurden, ist wenig bekannt, weil militärische Einrichtungen und Aktivitäten betroffen waren. Aber auch die Maßnahmen nach Windscale (1957) oder Tschernobyl (1986) wurden nie systematisch aufgearbeitet, analysiert und öffentlich zugänglich publiziert. Die 10 Bände umfassende Sammlung offizieller Berichte zu Tschernobyl in russischer Sprache wurde erst kürzlich deklassifiziert. DI Iouli Andreev war in verschiedenen Funktionen mit der Dekontamination in Tschernobyl befasst, zeitweise als technischer Leiter. Seine Frau, DI Irina Andreeva, war als Entwicklungstechnikerin im Nuklearbereich nach Tschernobyl berufen worden. Beide leben als österreichische Staatsbürger in Wien und haben sich bereit erklärt, ihre Erfahrungen und ihre persönlichen Unterlagen und Dokumente zur Katalogisierung und Dokumentation zur Verfügung zu stellen. Gemeinsam mit ihnen sollen sie analysiert werden, um die Planung künftiger großflächiger Dekonatminationsaufgaben zu erleichtern und verbessern und dadurch zur Schonung von Leben und Gesundheit von Einsatzkräften und DekontaminatorInnen beizutragen. Wiewohl es in den letzten 25 Jahren zweifellos technologische Fortschritte gegeben hat, sind die Erfahrungen von Tschernobyl dennoch von unschätzbarem Wert. Bekanntlich bewähren sich Instrumente und Verfahren, die im Konstruktionsbüros und Laboratorien entwickelt und getested wurden, unter realen Unfallsbedingungen nicht immer, wegen der Vielzahl an zusätzlichen unvorhergesehenen und kaskadischen Problemen, die für große Unfälle charakteristisch sind. Bedauerlicherweise zeichnet sich bereits ab, dass auch die Erfahrungen von Fukushima nicht in geeigneter, objektiver Weise dokumentiert und systematischer Analyse zugänglich gemacht werden. Umso wichtiger ist es, die einzigartige Gelegenheit, die sich zur Dokumentation der Tschernobylerfahrungen bietet, zu nutzen. Die besonderen politischen Rahmenbedingungen der Sowjet Union sind hinsichtlich der Organisation der Dekontaminationsmaßnahmen wesentlich, die technologischen Erfahrungen sind davon jedoch unabhängig. Als Ergebnis soll ein „Erfahrungshandbuch“ mit Hintergrundinformationen vorliegen. Die Convergent Interview Methode erscheint für diese Aufgabe besonders gut geeignet zu sein, weil sie die Gespräche von einer narrativen Interviewtechnik, über eine explorative Phase zur Vertiefung der Information über zusätzliche Interviews, aber auch externe Informationen führt, bis in der letzten Phase der Input für das Handbuch finalisiert werden kann. Spätestens wenn der erste Entwurf des Handbuches vorliegt soll die Interaktion mit Dekontaminationsspezialisten aus Österreich und auf internationaler Ebene diese mit den Ergebnissen vertraut machen, und eine Diskussion auslösen, die auch in Österreich und anderen Ländern derzeit herrschende Konzepte zur großflächigen Dekontamination mit einbezieht. Im direkten Kontakt kann die Erfahrung der Andreevs genutzt werden, um auf mögliche Probleme im Ernstfall hinzuweisen.
Schlagworte Dekontamination Tschernobyl Kernkraftwerk Reaktorunfall Erfahrungshandbuch Verstrahlung Katastrophenmanagement Abschirmungs-Sarkophag
Publikationen
Mitarbeiter*innen
BOKU Partner
Externe Partner
Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport
keiner
Partner