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Gewählte Dissertation:

Siegfried Sauermoser (2021): LAWINENKUNDLICHE ANALYSE DER LAWINENEREIGNISSE AN DER ITALIENFRONT IM ERSTEN WELTKRIEG 1915 – 1918.
Dissertation - Institut für Alpine Naturgefahren (IAN), BOKU-Universität für Bodenkultur, pp 354. UB BOKU obvsg FullText

Datenquelle: ZID Abstracts
Abstract:
Lawinen sorgten im Ersten Weltkrieg an der Italienfront für zahlreiche Opfer. Die Angaben in der Weltkriegs- und Lawinenliteratur reichen von wenigen Tausend bis zu 80 000 Lawinentoten im Bereich der k.u.k. Armee. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden diese Zahlen untersucht und die Witterungsabläufe und Lawinenursachen der Kriegswinter 1915/16 und 1916/17 analysiert. Der Winter 1915/16 begann extrem mild und schneearm. Erst Ende Februar und März kam es zu intensiven Schneefällen auf ein labiles Altschneefundament, was zu zahlreichen Lawinenabgängen mit hunderten von Opfern im Bereich der in Bezug auf Lawinen unerfahrenen k.u.k. Truppen führte. Der Winter 1916/17 war der schneereichste Winter, der jemals im Südalpenraum aufgetreten war, zahlreiche Lawinen forderten wiederum mehrere hundert Opfer. Insgesamt wurden in beiden Kriegswintern ca. 3 700 Lawinenopfer gemeldet. Nach den Erfahrungen des ersten Winters verbesserte die k.u.k. Armee die Lawinenvorsorge deutlich. Die alpine Ausbildung wurde erweitert und intensiviert, Bergführerabteilungen, alpine Referenten und militäralpine Kommissionen wurden eingeführt. Es wurden Lawinenkarten angefertigt, stationäre Rettungsabteilungen eingerichtet, Lawinenrichtlinien und Merkblätter laufend verbessert und der Feldwetterdienst etabliert. Die künstliche Lawinenauslösung wurde weiterentwickelt und kritische Weg- und Lagerbereiche dadurch sowie mit provisorischen Schutzbauten gesichert. Trotzdem war die k.u.k. Armee den extremen Verhältnissen des zweiten Kriegswinters in den Alpen nicht gewachsen. Ohne die getroffenen Vorsorgemaßnahmen, die für einen normalen Winter ausgereicht hätten, wären aber die Verluste durch Lawinen im zweiten Kriegswinter noch deutlich höher gewesen. Viele heute noch gültige Erkenntnisse in der Lawinenkunde konnten während des Ersten Weltkriegs gesammelt werden. Der Mythos, dass an der Alpenfront mehr Soldaten durch Lawinen als durch Feindeinwirkung ums Leben kamen, konnte widerlegt werden.

Betreuer: Hübl Johannes

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