Bioraffinerie Analytik
- Nachwachsende Rohstoffe und neue Technologien
Abstract
"Bioraffinerie" ist derzeit nicht nur ein Modewort, das aufgrund seiner unzureichenden Definition nicht nur viel, sondern auch häufig unzutreffend verwendet wird, sondern auch ein ernstzunehmendes wissenschaftliches Forschungsgebiet: Es besteht kein Zweifel, dass die Endlichkeit fossiler Ressourcen - ein wissenschaftlicher Fakt - langfristig die Umstellung ganzer Stoffläufe der chemischen Industrie von fossilen Ressourcen (Erdöl, Erdgas, Kohle) auf nachwachsende Rohstoffe ("Nawaros": Holz, landwirtschaftliche Produkte und Abprodukte) bedingen wird. Bedenkt man die langen Zeiträume, die der bestehenden erdölbasierten chemischen Industrie gegeben waren, um ihren heutigen Entwicklungsstand zu erreichen, wird offensichtlich, dass zum Aufbau einer "Nawaro-basierten" chemischen Industrie viel Zeit und vor allem auch viel Entwicklungs- und Forschungsarbeit nötig ist. Bioraffinerien - als Pendant zu konventionellen Erdöl-Raffinerien definiert - haben die Aufgabe, natürliche, meist pflanzliche Ausgangsstoffe in (möglichst reine) Fraktionen zu trennen und daraus im weiteren Grundchemikalien und -materialien zur Verfügung zustellen. Aus diesen wird dann in folgenden chemischen / biotechnologischen Verfahren die ganze Palette chemischer Zwischen- und Endprodukte hergestellt, was jedoch nicht mehr in den Bereich der eigentlichen Bioraffinerie fällt. Bioraffinerien haben mit zwei spezifischen Problemen zu kämpfen. Zum einen kann es in Bioraffinerien kein Standard-Verfahren zur Aufbereitung und Auftrennung der Biomasse geben: bedingt durch die große Vielfalt der Ausgangsprodukte (z.B. Hölzer, einjährige Pflanzen, verschiedenste Produkte und Abfälle der Agrarproduktion) sind unterschiedliche Aufschluss- und Trennverfahren erforderlich, die speziell auf die Fraktionierung des Ausgangssubstrates abgestimmt sein müssen. Zum anderen entstehen beim Aufschluss der Biomassen extrem komplexe Stoffgemische wechselnder Zusammensetzung - anders als bei Erdölraffinerien, der Synthesechemie oder der pharmazeutischen Industrie - für die herkömmliche Analyseverfahren völlig unzureichend sind. Die unterentwickelte Bioraffinerie-Analytik ist einer der wichtigsten Hindernisse für Bioraffinerien und Bioraffinerie-Produkte heutzutage: eine sinnvolle Verwertung und Weiterverarbeitung von Bioraffinerieprodukten setzt eine präzise (oder zumindest grundlegende) Kenntnis der Zusammensetzung und chemischen Struktur der Ausgangsfraktion voraus. Der Kohlenhydratanteil setzt sich aus einer Cellulose- und einer Hemicellulosefraktion zusammen. Die Cellulose-, Hemicellulose- und Ligninfraktionen sind von hochkomplexer Zusammensetzung: Bedingt durch natürliche Struktur und chemische Reaktionen beim Aufschluss liegen sowohl chemische Bindungen zwischen den Substanzklassen vor (sogenannte lignin-carbohydrate complexes, LCC) als auch meist breite Verteilungen des Molekulargewichtes. Abbaureaktionen während Aufschluss und Fraktionierung verschieben das Verhältnis von Polymeren, Oligomeren und Monomeren in Richtung der niedermolekularen Verbindungen und erhöhen zusätzlich den Anteil an Abbau- und Kondensationsprodukten. Die Analytik verschiedener Bioraffineriefraktionen ist Bestandteil dieses Projektes.
Mitarbeiter*innen
Antje Potthast
Univ.Prof. Dipl.-Chem. Dr.rer.nat. Antje Potthast
antje.potthast@boku.ac.at
Tel: +43 1 47654-77412, 77471
Projektleiter*in
01.12.2012 - 30.12.2019
Thomas Rosenau
Univ.Prof. Dipl.-Chem.Dr.rer.nat. DDr.h.c. Thomas Rosenau
thomas.rosenau@boku.ac.at
Tel: +43 1 47654-77411, 77471
Sub-Projektleiter*in
01.12.2012 - 30.12.2019