Chemie der ortho-Chinonmethide
Abstract
ortho-Chinonmethide (oQMs) sind vielfältig in der Natur auftretende Zwischenprodukte, die man als zentrale Intermediate vieler Biosynthese- und Stoffwechselwege findet. Zum Beispiel ist die Wirksamkeit von Krebsmedikamenten des Anthrachinon-Typs, wie Daunomycin oder Adriamycin, auf ihre Fähigkeit zur Chinonmethidbildung zurückzuführen. Direkte spektroskopische Beobachtung oder analytischer Nachweis von oQMs war bisher nicht möglich, so dass ihr intermediäres Auftreten indirekt aus charakteristischen Reaktions- oder Abfangprodukten geschlossen werden musste. Leider bedingen die Instabilität und kurze Lebensdauer von oQMs eine starke Einschränkung im Hinblick auf ihre Anwendbarkeit in Synthesen und die Untersuchung entsprechender Reaktionen. Eine der wichtigsten oQM-bildenden Verbindungen ist alpha-Tocopherol, das als wichtigste Komponente von Vitamin E vielfältige physiologische Funktionen als lipophiles Antioxidans erfüllt und daher auch in einer grossen Vielzahl von Medikamenten, Pflegeprodukten, Lebensmitteln und Kosmetika eingesetzt wird. Sowohl in vivo als auch in vitro führt Oxidation von alpha-Tocopherol zu oQM-Zwischenprodukten. Obwohl sich theoretisch zwei verschiedene oQMs bilden könnten, wird jedoch nur eines in hoher Regioselektivität erhalten, was auch für andere Antioxidantien des Vitamin E-Typs beobachtet wird. Der Grund für dieses Reaktionsverhalten ist nach wie vor unbekannt, was besonders erstaunlich ist, wenn man die „Popularität“ von Vitamin E bedenkt. Durch Weiterentwicklung erster Experimente, die gezeigt haben, dass sich die Lebensdauer von oQMs durch Stabilisierung deutlich erhöhen lässt (von Sekunden bis auf ca. 20 min), können diese Intermediate nun eine viel breitere Anwendung finden. Erstes Projektziel ist es daher, die synthetische Methodik zur oQM-Stabilisierung zu entwickeln und stabilisierte oQMs in ersten Synthesen anzuwenden, so dass die oQMs ihren unverdienten Ruf als exotische und schwer handhabbare Verbindungen verlieren. Stabilisierung von oQMs kann zum Beispiel helfen, den Wirkmechanismus von Cancerostatika, den Prozess der Protein- oder DNA-Alkylierung durch oQMs oder die Bildung von Vitamin E-Metaboliten aufzuklären: in allen Fällen verlieren die oQM-Zwischenprodukte ihre Kurzlebigkeit und können nun direkt nachgewiesen und manipuliert werden. Ein zweites Projektziel ist die experimentelle und theoretische Überprüfung einer neuen Theorie zur regiosektiven Oxidation von Verbindungen des Vitamin E-Typs, die auf der Ringspannung im Heterocyclus als entscheidendem Kriterium basiert. Die neuen Aspekte der oQM-Chemie, die in diesem Projekt untersucht werden, haben das Potential, sich zu sehr vielseitigen Werkzeugen der organischen Synthese zu entwickeln und werden zu einem tieferen Verständnis der physiologisch wichtigen Vitamin E-Verbindungen beitragen.
Schlagworte Vitamin E Antioxidantien regioselektive Oxidation Reaktionsmechanismen ortho-Chinonmethide
Publikationen
Novel tocopherol compounds XX. 1,3,8-Trioxaphenanthrenes derived from g-tocopherol
Autoren: Adelwöhrer, C., Rosenau, T. Jahr: 2005
Originalbeitrag in Fachzeitschrift
Synthesis and oxidation of "non-annulated" vitamin E-like compounds
Autoren: Rosenau, T., Stanger, A. Jahr: 2005
Originalbeitrag in Fachzeitschrift
Mitarbeiter*innen
Thomas Rosenau
Univ.Prof. Dipl.-Chem. Dr.rer.nat. DDr.h.c. Thomas Rosenau
thomas.rosenau@boku.ac.at
Tel: +43 1 47654-77411, 77471
Projektleiter*in
01.01.2005 - 31.12.2007