Charakterisierung von intrinsisch ungeordneten Proteinen
Abstract
Intrinsisch ungeordnete Proteine (IDPs) sind Biopolymere die von biophysikalischen und physiologischen Standpunkten aus interessant sind, jedoch mit derzeitigen Methoden der Biophysik und Strukturbiologie nur sehr schwierig studiert werden können. IDPs können nicht mit einer einzigen repräsentativen Struktur charakterisiert werden, sondern werden am besten durch eine Vielzahl von Konformationen beschrieben. Andererseits gibt es Evidenz, dass für viele IDPs das Strukturensemble deutlich verschieden von zufälligen Anordnungen ist. Computer Simulationen und Kernspinresonanz-Experimente (NMR) sind die wichtigsten Methoden die eingesetzt werden um IDPs in atomarer Auflösung zu studieren. Werden die Methoden alleine eingesetzt, ist ihre Eignung durch die möglichen Größen der strukturellen Ensembles deutlich limitiert. Wir sind überzeugt, dass die Kollaboration von zwei Gruppen mit hochgradig komplementärer Expertise in beiden Bereichen die einzige Möglichkeit ist, die verschiedenen Konformationen von IDPs und ihre molekularen Funktionen zu verstehen. Der österreichische Partner weist eine außerordentliche Erfolgs- und Erfahrungsgeschichte in der Entwicklung von Methoden zum enhanced Sampling und zur Berechnung von freie-Energie Differenzen auf, welche entscheidend für die Untersuchung von IDPs sind. Wir werden local-elevation enhanced Sampling-Methoden an dem Peptidketten-Rückgrat sowie neu entwickelte Methoden einsetzen, um mehrere Konformationen gleichzeitig darzustellen und Veränderungen in strukturellen Ensembles zu quantifizieren. Der tschechische Partner war in der Entwicklung von nicht-uniformen Sampling-Methoden beteiligt, die es erlauben, hochdimensionale NMR-Spektren effizient zu erlangen. Die Anwendung dieser Methoden wurde auch schon an IDPs demonstriert. Wir werden die notwendigen Verfahren weiter entwickeln, zusammenführen, und in Studien an IDPs anwenden. Ein wichtiges Beispiel wird die humane Tyrosin Hydroxylase (TyrH) sein. Es wird angenommen, dass der intrinsisch ungeordnete N-terminale Bereich an 65 Aminosäuren, der Teil der regulatorischen Domäne dieses Enzyms ist, das Enzym inhibiert. Es wird vermutet, dass sich das strukturelle Ensemble dieses Bereiches nach Phosphorylierung von zwei verschiedenen Resten (S19 und S40) verändert, und dadurch eine Interaktion mit dem 14-3-3 Chaperon-Protein erlaubt, was die katalytische Domäne von TyrH aktiviert. Wir werden die regulatorische Domäne von TyrH mit einer Vielzahl an experimentellen und Rechner-gestützten Methoden studieren, um die Veränderungen der strukturellen Ensembles zu verstehen. Die Organisation der strukturierten Teile wird mit einer cryo-elektronenmikroskopischen Methode aufgeklärt werden. Weitere Beispiele für die Anwendung der experimentellen und Rechner-gestützten Methoden sind das Mikrotubulin-assoziierte Protein 2c (Map2c) und sein homologes Tau Protein. Obwohl die Sequenzen beider IDPs in der C-terminalen Region sehr ähnlich sind, ist das experimentell beobachtete Phosphorylierungsmuster sehr unterschiedlich, was vermuten lässt, dass verbleibende strukturelle Präferenzen die Phosphorylierungs-Häufigkeit regulieren. Die verschiedenen Funktionen der Proteine können nur durch eine korrekte Charakterisierung ihrer strukturellen Ensembles verstanden werden.
Publikationen
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Chris Oostenbrink
Univ.Prof. Dr. Chris Oostenbrink
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01.05.2020 - 30.04.2023